In einer Ecke ihrer Stammkneipe saßen Jake, Mark, Leo und Tom zusammen, die Köpfe über ihre Gläser gebeugt. Die warme Beleuchtung der Bar strahlte einen vertrauten Komfort aus, doch die Gespräche an ihrem Tisch waren alles andere als entspannt. Das Thema der neuen Einrichtungen, die angeblich in New York gebaut werden sollten, schien die Gruppe zu spalten – wenn auch noch auf unterschwellige Weise.
„Habt ihr davon gehört?“ begann Jake, sein Bierkrug schäumte leicht über, als er ihn auf den Tisch stellte. „Nur sechs Blocks von hier entfernt. Ein neues Zentrum, um die 'Ordnung aufrechtzuerhalten', wie sie es nennen.“ Seine Worte trugen einen triumphierenden Unterton, und er lehnte sich mit einem spöttischen Grinsen zurück. „Ich sag's euch, Jungs, das wird unser Leben verändern.“
Leo, der immer der Lauteste war, lachte zustimmend. „Na klar! Ein Ort, der dafür sorgt, dass diese Weiber endlich begreifen, wo ihr Platz ist. Ich meine, es wird Zeit, dass hier in unserer Gegend auch mal die Regeln durchgesetzt werden. Es wird gesagt das alle die Schlampen darin völlig nackt sein werden und man jederzeit rein darf um den Weibern beizubringen wie sie ab jetzt ihr Leben zu meistern ahben.“
Tom nickte, aber seine Begeisterung schien halbherzig. „Ich sehe den Vorteil für uns im allgemeinen. Weniger Stress, weniger Drama. Keine Frauen, die dir sagen, was du zu tun hast. Alles geordnet, alles perfekt. Klingt doch ideal, oder? So sollte das Leben doch schon immer sein.“
„Seht mal“, begann Jake mit einem Grinsen, das mehr Triumph als Humor zeigte, „es musste so kommen. Die Weiber haben das selbst herbeigeführt. Erinnerst du dich an die Zeit um die Jahrtausendwende? Feminismus hier, Gleichberechtigung da – sie haben uns Männern immer mehr Rechte abgenommen. Zuerst haben wir es ja noch toleriert. Ich meine, klar, ein bisschen mehr Respekt für Frauen, wer konnte da schon was dagegen sagen? Aber es hat einfach nicht aufgehört.“
Er nahm einen großen Schluck von seinem Bier und fuhr dann, etwas lauter, fort. „Und dann kamen sie mit diesen lächerlichen Bewegungen. Me Too, was für ein Witz! Plötzlich waren wir alle Monster, alle Männer! Jeder harmlose Kommentar, jedes Lächeln war auf einmal 'Belästigung'. Es ging nie darum, dass sie fair behandelt werden wollten. Es ging darum, uns zu kontrollieren, uns kleinzuhalten.“
Leo nickte eifrig, seine Miene bestätigte Jakes Worte. „Ja, Mann. Es hat sich irgendwann so angefühlt, als wäre es eine Straftat, überhaupt ein Mann zu sein. Weißt du noch, wie überall in den Medien nur noch davon geredet wurde, wie toxisch wir angeblich sind? Als ob Männlichkeit ein Problem wäre!“
Jake klopfte mit der flachen Hand auf den Tisch, als wolle er seine Argumente bekräftigen. „Exakt! Wir mussten ständig auf Eierschalen laufen, konnten nicht mal mehr ehrlich sein oder unseren Platz einnehmen, ohne als Bedrohung angesehen zu werden. Es war eine verdammte Schande, was aus dieser Welt geworden ist. Aber irgendwann war klar, dass wir uns erheben mussten. Das Ganze konnte so nicht weitergehen.“
Tom nickte, seine Zustimmung war jedoch weniger begeistert. „Also, ich meine, klar, es hat sich damals nicht gut angefühlt. Aber jetzt ist es doch besser. Alles ist... einfacher. Keine Widerrede mehr, keine Diskussionen, kein ewiges Drama.“
Jake grinste und hob sein Glas. „Genau! Jetzt ist alles so, wie es immer hätte sein sollen. Die Frauen wissen, was von ihnen erwartet wird. Wir haben unsere Position zurück. Und weißt du, was das Beste daran ist? Sie können uns nichts mehr wegnehmen.“
Leo lehnte sich zurück und lachte laut auf. „Endlich kann ein Mann wieder er selbst sein, ohne dass eine hysterische Hexenjagd hinter ihm her ist.“
Jake wandte sich an Mark, der bis zu diesem Moment geschwiegen hatte und sich stattdessen auf sein Glas konzentriert hatte. „Was ist mit dir, Mark? Keine Meinung dazu? Das ist doch die beste Nachricht, seit sie die neuen Gesetze durchgebracht haben.“
Mark hob langsam den Blick, seine Stirn in Sorgenfalten gelegt. „Ich weiß nicht, Jake. Klar, auf den ersten Blick klingt es nach einer einfachen Lösung. Aber...“ Er zögerte, als würde er nach den richtigen Worten suchen. „Es fühlt sich nicht richtig an. Irgendwas daran.“
Die anderen drei verstummten kurz, bevor Leo die Stille mit einem schnaubenden Lachen brach. „Was meinst du mit 'nicht richtig'? Das ist der Lauf der Dinge. So funktioniert unsere Gesellschaft jetzt. Und es läuft doch super!“
Mark schüttelte den Kopf. „Tut es das wirklich? Ich meine, denk mal drüber nach. Was für ein Leben ist das, wenn die Hälfte der Bevölkerung in Angst lebt? Frauen, die sich nicht mal trauen, mit einem Mann zu sprechen, ohne Angst zu haben, etwas falsch zu machen. Glaubst du wirklich, das ist ein Fortschritt?“
Jakes Grinsen verschwand, ersetzt durch ein Stirnrunzeln. „Willst du etwa sagen, dass du mit diesen Regeln ein Problem hast? Ich dachte, du stehst hinter der Idee, dass wir endlich wieder Kontrolle und Ordnung in diesem Land haben.“
Mark lehnte sich zurück, sein Blick wanderte über den Tisch. „Ich habe es mir nie so genau überlegt, um ehrlich zu sein. Aber jetzt... Ich frage mich, was das aus uns macht. Was bringt uns diese Kontrolle, wenn sie auf Angst basiert? Wenn niemand dich respektiert, sondern dich nur fürchtet, ist das wirklich etwas, worauf man stolz sein kann?“
Tom schnaubte und trank einen großen Schluck Bier. „Du denkst zu viel nach, Mark. Es ist einfacher, wenn man sich einfach an die Regeln hält und weitermacht. Frauen verstehen das schon irgendwann. Und wenn nicht, na ja, das ist deren Problem, nicht unseres.“
Doch Marks Gesichtsausdruck blieb ernst. „Ehrlich? Ich bin mir da nicht so sicher. Siehst du, was mit den Leuten passiert, die das hinterfragen? Die wie früher leben wollen, wo es Respekt und Liebe gab? Sie werden festgenommen, verschwinden, oder schlimmer. Und ich frage mich... wenn wir so weitermachen, wie lange dauert es, bis wir selbst anfangen, uns vor diesem System zu fürchten?“
Jake knallte sein Glas auf den Tisch, die Wut in seinen Augen deutlich sichtbar. „Was soll das heißen, Mark? Denkst du etwa, wir sind die Nächsten? Wenn du dich anpasst, passiert dir nichts. So einfach ist das.“
Mark hielt seinem Blick stand. „Aber was, wenn anpassen bedeutet, alles zu verlieren, was uns zu Menschen macht? Ich weiß nicht, ob ich in einer Welt leben will, in der eine Frau mich nicht lieben kann, weil sie nur gelernt hat, Angst vor mir zu haben. Ist das wirklich das, was du willst? Eine Welt ohne echte Beziehungen? Ohne Vertrauen?“
Die Worte ließen die anderen verstummen. Für einen Moment füllte eine unangenehme Stille die Luft, die nur vom Gemurmel anderer Gäste in der Bar unterbrochen wurde.
Tom brach schließlich das Schweigen, seine Stimme leise und nachdenklich. „Vielleicht hat Mark einen Punkt. Ich meine, manchmal frage ich mich... diese Frauen, die sich so sehr anpassen, die uns immer zustimmen... tun sie das wirklich, weil sie uns respektieren, oder nur, weil sie müssen?“
Jake rollte die Augen und griff nach seinem Bier. „Das ist doch vollkommen egal, Tom. Wichtig ist, dass die Dinge reibungslos laufen. Frauen machen keine Probleme mehr. Die Welt ist besser so.“
„Ist sie das wirklich?“ Mark ließ nicht locker. „Besser für wen? Für uns? Für sie? Ich frage mich, wie lange es dauert, bis wir merken, dass wir uns selbst in eine Ecke gedrängt haben, aus der es kein Zurück gibt.“
Leo lehnte sich vor und verschränkte die Arme. „Du redest wie einer dieser alten Idealisten, Mark. Die Zeiten von Romantik und Gleichberechtigung sind vorbei. Das hier ist die neue Welt, und je früher du das akzeptierst, desto besser.“
Mark ließ die Worte einen Moment auf sich wirken, bevor er antwortete. „Vielleicht habt ihr recht. Vielleicht bin ich altmodisch. Aber ich kann nicht anders, als mich zu fragen, ob wir eines Tages aufwachen und merken, dass wir uns selbst genauso viel genommen haben wie den Frauen, die wir jetzt so behandeln.“
Jake stand auf und schüttelte den Kopf. „Ich habe genug von diesem Gerede. Du kannst dir deinen moralischen Quatsch sparen, Mark. Die Welt funktioniert jetzt anders, und es läuft großartig.“ Mit diesen Worten warf er ein paar Scheine auf den Tisch und ging Richtung Ausgang, offensichtlich verärgert.
Die anderen blieben zurück, die Stimmung gedrückt. Mark lehnte sich zurück, während er einen Schluck Bier nahm, die Gedanken tief in seinem Inneren wirbelnd. Vielleicht war er der Einzige in dieser Gruppe, der noch Hoffnung für eine andere Zukunft hatte – eine, in der Respekt und Liebe mehr bedeuteten als Macht und Angst.
Tom blieb schweigend sitzen, Leos Blick wanderte durch den Raum, und die Gespräche an anderen Tischen setzten sich fort, als wäre nichts gewesen. Doch zwischen den Männern am Tisch war eine Risse entstanden, die nicht mehr so leicht zu kitten waren.
Mark schob sein leeres Glas langsam über den Tisch, während er Jake ansah, die Stirn noch immer in Sorgenfalten gelegt. Sein Ton war ruhig, fast beiläufig, doch die Worte waren geladen. „Und wie geht’s eigentlich Mathilda, Jake? Du hast sie schon länger nicht erwähnt. Ist sie... glücklich?“
Jake hob die Augenbrauen und schüttelte leicht den Kopf, ein abweisendes Lächeln auf den Lippen. „Mathilda?“ fragte er, als wäre die Erwähnung ihres Namens fast schon irrelevant. „Die Schlampe ist, wo sie hingehört. Zuhause, Nackt im Garten angebunden. Alles läuft perfekt.“ Er nahm einen tiefen Schluck von seinem Bier und ließ den Krug mit einem dumpfen Knall auf den Tisch zurückfallen, offensichtlich bemüht, das Thema schnell zu wechseln. „Aber genug von ihr. Wir reden hier über echte Fortschritte, Mark. Über die großartigen Veränderungen in der Welt da draußen.“
Doch Mark ließ nicht locker. Er verschränkte die Arme und lehnte sich vor. „Was heißt 'wo sie hingehört?“
Jake schnaubte abfällig und winkte ab. „Sie hat alles, was sie braucht, Mark. Ich hab ihr Essen in einen Hundenapf vor sie gestellt, sie hat Ruhe, keine Verpflichtungen. Was will sie mehr? Schlampen wie Mathilda müssen nicht viel machen. Sie muss nur lernen, zufrieden zu sein und uns Männern zu dienen.“ Sein Ton wurde schärfer, als er Mark einen Blick zuwarf. „Ich verstehe nicht, warum du dir überhaupt Gedanken machst. Sie ist meine. Es läuft alles so, wie es sein soll.“
Die Worte schienen Mark jedoch nur noch mehr zu irritieren. Er sprach langsamer, seine Stimme schwer von einem Gedanken, den er nicht länger für sich behalten konnte. „Aber sollte sie nicht auch mal raus? Menschen sehen? Was ist, wenn sie irgendwann gar nicht mehr weiß, wie sich echte Freude anfühlt? Jake, ich meine es ernst – vielleicht sollte sie auch mal... woanders sein. Bei jemand anderem. Bei mir vielleicht, für eine Weile.“
Die Stimmung am Tisch veränderte sich schlagartig. Leo lachte kurz, ein raues, ungläubiges Geräusch, während Tom überrascht die Augenbrauen hob. Jake hingegen lehnte sich langsam zurück, seine Kiefer mahlten, während er Mark anstarrte. „Bei dir?“ wiederholte er kühl. „Du willst, dass Mathilda zu dir kommt? Das ist lächerlich, Mark.“
„Ist es das?“ fragte Mark ruhig zurück. „Vielleicht wäre es gut für sie. Ein bisschen Abwechslung, ein anderer Ort. Sie könnte auch mal bei mir bleiben, sehen, wie ich die Dinge mache. Das würde dir doch nicht schaden, oder?“
Jake kniff die Augen zusammen. „Mark, lass uns mal was klarstellen: Mathilda gehört zu mir. Sie ist mein Ding. Nicht deins, nicht unseres – meins. Was soll sie überhaupt bei dir? Du willst sie doch nur durcheinanderbringen. Die Kleine hat sich gerade daran gewöhnt, wie die Dinge laufen.“
Mark hielt seinem Blick stand, seine Stimme fest, aber nicht aggressiv. „Ich will nichts durcheinanderbringen. Ich denke nur, dass sie auch ein Mensch ist. Und Menschen brauchen andere Menschen, Jake. Vielleicht würde es ihr gut tun, mal aus deiner Wohnung rauszukommen.“
„Das ist doch Bullshit“, warf Leo ein und rollte die Augen. „Wozu soll das gut sein? Sie hat bei Jake alles, was sie braucht. Wenn du sie aus dieser Situation rausreißt, bringst du nur Probleme rein. Lass sie, wo sie ist.“
Tom schwieg, aber sein Gesichtsausdruck zeigte, dass er sich nicht wohlfühlte mit der Richtung, die das Gespräch nahm. Marks Argument schien bei ihm zumindest einen leichten Eindruck zu hinterlassen.
Jake stieß ein bitteres Lachen aus. „Du redest wie jemand, der die neuen Regeln nicht kapiert hat, Mark. Frauen sind einfacher, wenn sie keine Wahl haben. Mathilda ist bei mir sicher und weiß, was von ihr erwartet wird. Und das bleibt auch so.“
Doch Mark ließ nicht locker. „Es geht nicht um Regeln, Jake. Es geht darum, was richtig ist. Vielleicht denkst du, dass das alles perfekt ist, aber ich glaube, du redest dir das ein. Ich frage mich, ob Mathilda das auch so sieht.“ Er hielt inne und sah die anderen an. „Wisst ihr, ich habe manchmal das Gefühl, dass wir alle vergessen, dass Frauen mehr sind als das, was uns diese neuen Gesetze vorgaukeln. Ich glaube, Mathilda würde es gut tun, wenn sie mal ein anderes Umfeld erlebt.“
„Und was ist mit dir?“ fragte Leo spöttisch. „Du bist also jetzt der Frauenversteher oder was? Willst du ihr ein neues Leben schenken, Mark? Mach dich nicht lächerlich.“
„Ich will ihr nichts schenken“, entgegnete Mark ruhig. „Ich will nur, dass sie eine Chance hat, sich wie ein Mensch zu fühlen. Und ehrlich gesagt, Jake, vielleicht wird sie es bei mir besser haben als in deiner Wohnung, wo sie den ganzen Tag nur darauf wartet, dass du zurückkommst.“
Tom, der bisher geschwiegen hatte, räusperte sich schließlich. „Vielleicht... hat Mark einen Punkt. Es wäre doch keine große Sache, oder? Wenn sie mal ein paar Tage bei ihm bleibt? Sie kommt doch zurück. Vielleicht ist das sogar gut für euch beide.“
Jake sah ihn scharf an. „Jetzt kommst du auch noch damit? Habt ihr alle den Verstand verloren?“
Doch Tom schüttelte den Kopf. „Es geht hier nicht um dich, Jake. Es geht darum, dass wir uns gegenseitig vertrauen sollten. Mark will doch nur helfen. Warum probierst du es nicht aus?“
Es dauerte eine Weile, bis Jake schließlich seufzte und widerwillig nickte, die Kiefer fest aufeinandergepresst. „Na schön“, knurrte er. „Aber nur für ein paar Tage. Und wenn sie irgendwas von diesem Unsinn in den Kopf bekommt, Mark, dann ist das deine Schuld.“
Mark atmete leise aus, seine Schultern sanken leicht. „Das ist alles, worum ich bitte, Jake. Nur ein paar Tage.“
Die Atmosphäre am Tisch blieb angespannt, doch Mark fühlte einen Funken Hoffnung. Vielleicht war das ein kleiner Schritt in die richtige Richtung – ein Schritt, der ihm bewies, dass Veränderung immer noch möglich war, selbst in einer Welt, die ihm zunehmend fremd wurde.